Frankie Laine & Max Wirz bei CRS
Frankie Laine Special (links) mit Gastmoderator Max Wirz am Sonntag, 2. September 2012 um 11:00 Uhr und in der Wiederholung am Freitag 7. September um 21:00 Uhr bei CRS. Wir freuen uns!
Frankie Laine – „My Singing Hero” (Auszug vom Max Wirz's Buch "Big Bands - Einst und Jetzt")
Meine erste Begegnung mit Frankie Laine war im Winter 1946. Ich lebte bei meinen Eltern in Kreuzlingen am Bodensee, war noch nicht ganz dreizehn und hatte meine ersten Englischlektionen in der Sekundarschule. Wenn immer möglich hörte ich AFN, The American Forces Network mit ihren Studios in Frankfurt, Stuttgart und München. Obwohl ich erst begann Englisch zu lesen, zu schreiben und zu verstehen, hörte ich mit grossem Interesse und Eifer Programme wie “People are Funny with Art Linkletter”, „Amos and Andy”, „Fibber McGee and Molly” und die Nachrichten von AP, UP und INS. Die Baritonstimmen der Ansager waren Musik in meinen Ohren und ich gewöhnte mir die amerikanische Aussprache an – ganz zum Ärger meines Englischlehrers. Natürlich und vor allem hörte ich die Musiksendungen „Luncheon in Munchen”, „Arthur Godfrey's Talent Scouts”, „Your Hit Parade”, „There's Music in the Air”, und am Sonntagmorgen „The Breakfast Club from Chicago, the Windy City on Lake Michigan“. Das waren Programme und Klänge, die wir über Radio Beromünster in der Schweiz nicht hören konnten.
Eines Tages hörte ich ein Lied und eine Stimme. Es handelte sich um den Titel „That’s My Desire“ gesungen von Frankie Laine, einem Sänger, dessen Name ich noch nie zuvor gehört hatte. Das Lied kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Es wurde von den AFN Studios täglich gespielt. Schon bald war ich im Stande den Text zu kopieren und mit meinem ersten „Singing Hero“ mitzusingen. Es folgten weitere Lieder wie “On the Sunny Side of the Street” und „That Lucky Old Sun”. Im Jahre 1949, als „Mule Train” über AFN gesendet wurde, war ich fünfzehn Jahre alt und eifriger Crawlschwimmer. Nach dem Schwimmtraining sangen wir „Mule Train“ in der Dusche und markierten die knallenden Peitschenhiebe durch Klatschen auf unsere nassen Schenkel. Jahrzehnte später vernahm ich von Frankie Laine, dass diese Peitschenhiebe durch das Zusammenschlagen von zwei Brettern im Studio produziert wurden.
Im Januar 1954 wanderte ich in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Zum 20. Geburtstag erhielt ich von meinem Chef ein kleines Radio, mit welchem ich die New Yorker Radiostationen hören konnte – vor allem WPAT aus Patterson, New Jersey. Der zu dieser Zeit aktuelle Hit von Frankie Laines war „Hawkeye“ – „Man nennt mich Falkenauge, weil ich ein hübsches Mädchen aus einer Meile Entfernung erkennen kann!“
Von 1957 bis 1959 verbrachte ich zwei Jahre im Aktivdienst der US Army – 18 Monate davon in Deutschland und wieder konnte ich die Sender von AFN hören. Die Jahre vergingen und mein Beruf brachte mich und meine Familie im Jahre 1970 zurück in die Schweiz. Leider waren nun die Reichweiten der AFN Sender zu schwach, um sie noch hören zu können. Radio Beromünster konzentrierte sich damals auf Folklore und zeitgenössischen Pop- und Rockliedern. Big Band- und Swingmusik sowie Songs aus den USA waren selten zu hören.
Im Januar 1986 hatte ich die Gelegenheit beim kürzlich gegründeten Privatsender RADIO THURGAU einmal im Monat ein zweistündiges Musikprogramm zu produzieren und zu präsentieren. Ich begann mit einem Inventar von 30 Langspielplatten, darunter auch ein Album von Frankie Laine. Und immer noch hatte ich keine Kopie von „Hawkeye“. Auf einer „Big Band Jump“-Kreuzfahrt in der Karibik lernte ich Ray Anthony aus Los Angeles und Frank Touhey aus Cheltenham, England, kennen. Frank und Ray produzierten Musik aus der Swing- und Big Band-Ära. Frank schlug vor, dass ich Rosemary Carden, Präsidentin des englischen Frankie Laine-Fanclubs, kontaktiere. Ich rief Rosemarie an und wenige Tage später bekam ich von ihr eine Kassette mit „Hawkeye“. Kaum zu glauben, dass es 50 Jahre später immer noch einen Frankie Laine-Fanclub gibt!
Anfangs der 90er-Jahre verweilten wir einige Tage in Kalifornien. Linda und Frank Brennan aus San Diego schlugen vor, dass ich
mit Frankie Laine, der auch in San Diego wohnte, für meine Sendungen bei „RADIO
THURGAU – RTG vom Hörnli bis zum See“, ein Interview aufnehmen sollte. Das war
eine gute Idee, hatte jedoch meine Zweifel, dass dieser Weltstar auf Max Wirz
von Radio Thurgau wartet, um ein Interview zu geben. Linda gab nicht nach und
telefonierte Frankie Laine einige Wochen später. Er antwortete: „Sag Max, er solle mich beim nächsten
Besuch anrufen.“ Daraufhin sandte ich ihm Kassetten mit Radioprogrammen, in
denen ich seine Lieder gespielt hatte.
Im Herbst 1996 waren wir wieder in San Diego. Ich rief Frankie an – sein bürgerlicher Name ist Francesco Paolo LoVecchio – und so trafen Nelly und ich meinen ersten „Singing Hero“ persönlich. Er wartete auf uns vor seinem Haus auf dem Hügel „Point Loma“ über der Bay von San Diego. „Welcome to my house … and call me Frank“, waren seine ersten Worte.
Unser Gespräch dauerte zwei Stunden. Ich erzählte ihm, wie ich als 13-jähriger Junge in Kniehosen von “That’s My Desire” wie vom Schlag getroffen worden war. Ich las ihm meine bereits vorbereitete Einführung zur Sendung vor: „Ich bin stolz und erfreut darüber, dass ich heute einen grossen amerikanischen Unterhalter der vergangenen 50 Jahre besuchen darf. Frankie Laine, willkommen bei RADIO THURGAU. Frankie Laines Persönlichkeit und Stimme machten ihn zum Urheber der populären Radio-, Fernseh- und Filmmusik der 40er- bis 90er-Jahre. Für mich ist Frankie Laine ein Jazzsänger, ein „Crooner“, Balladesänger und Landprediger. Er ist ein Held aus dem Westen, einer der seine Lieder in die Welt hinaus schmettert und seit einigen Jahren ein mitfühlender Spender für die Kranken und Unterprivilegierten.“ Er schien gerührt und ehrte mich mit dem Kompliment: „That’s a hell of an introduction, I really appreciate it, Max!“, was soviel heisst wie: „Das war eine Bombe von Einführung. Ich schätze das wirklich, Max!“
Auf dem Weg zum Mittagessen in ein vornehmes Restaurant legte er eine „Playback Kassette“ ein und sang „Ol’ Man Jazz“, ein noch unveröffentlichtes Lied, live und speziell für Nelly.
Am nächsten Abend waren wir bei Frank Brennan zu Gast. Er kochte für Marcia, Frank, Nelly und mich. Als Dessert gab es rote Bartlett-Birnen, überbacken mit Arenenberger Weichkäse, welcher unser „Chef Frank“ beim letzten Besuch in der Schweiz bei Strähl Käse in Siegershausen im Thurgau gekauft hatte. Frankie Laine genoss den Nachtisch: „Mein Doktor hat mir zwar verboten Käse und dergleichen zu essen. Aber das ist so verdammt gut, kann ich eine zweite Portion bekommen?“
Im Sommer 2004 verbrachten wir mit unserem Sohn und seiner Familie ein paar Tage in Kalifornien und nutzten die Gelegenheit, Frank und Marcia – inzwischen Mrs Marcia LoVecchio – zu besuchen. Erneut waren wir zu Gast im schönen Haus über der San Diego Bay. Später fuhren wir zum Mittagessen ins „Po Pazzo“. Mein „Singing Hero“ war zu jener Zeit in einer Erholungsphase aufgrund einer kürzlichen Operation. Deshalb verzichtete ich auf ein weiteres Interview und erzählte ihm und seiner Gattin über unser Leben und unsere Aktivitäten in der Schweiz. Bis zu seinem Tode im Februar 2007 blieben wir in Kontakt. Von all den Interviews, die ich mit amerikanischen und europäischen Persönlichkeiten aus der Musik- und Unterhaltungswelt geführt habe, zählen das Gespräch mit Frankie Laine von 1996 und unser zweites Treffen von 2004 zu den Höhepunkten in unserem Leben. Ich glaube nicht, dass ich in meinem ganzen Leben je eine bescheidenere und freundlichere Person getroffen habe.
„Hawkey“ beobachtet uns wohl mit einem wachsamen Auge!“
Danke Frank für deine Freundschaft und dein Wohlwollen.
Max Wirz